Der Klang der Natur beschäftigt dich schon eine Weile. Wie unterscheidet sich »The Frequency of Flowers« von deinen bisherigen Projekten?
Mich interessiert mit diesem Projekt die Art von Kommunikation zwischen Lebewesen und ihrer Umgebung, in dem Fall Pflanzen und Blumen. Insekten bilden interessante Communitys, die kollektiv und sehr intelligent arbeiten. Dadurch entstehen komplexe Interrelationen, die viele Perspektiven bieten. Ein Teil der Installation ist eine metaphorische Interpretation dieses Konzepts. Eine Reihe von Gongs wird die Rolle der Blumen und der Bienen übernehmen. Dazu kommt der Faktor der Atmosphäre. Wind spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle für die Kommunikation selbst. Der erzeugte Effekt hat einen Einfluss auf die Pflanzen und Bienen, aber auch auf die Akustik. Der Sound und die Bewegung innerhalb des Environments sind wie eine Lautsprecherbewegung. Die Videoarbeiten visualisieren auf einer zusätzlichen Ebene die Kommunikationsprozesse zwischen Bienen und ihrer Umwelt, den Blumen und dem Wind. Quasi eine natürliche Spatialisierung.
Was können wir also konkret von der Natur in Sachen Kommunikation lernen?
Wir können unseren Wahrnehmungsapparat verfeinern und sensibilisieren. Dazu gehört auch, den Körper in Bezug zur Umwelt und zu einem urbanen Kontext zu reflektieren – diese Art Schock oder Perturbation zwischen dem urbanen Kontext und der Natur. Ich frage mich in meinen Arbeiten auch oft, wie man die Geräusche des Verkehrs oder Umweltverschmutzung künstlerisch einfangen und darstellen kann, um weiter darüber nachzudenken.
Die technologische Entwicklung lässt den Eindruck entstehen, dass wir als Menschen mittlerweile den Bezug zur Natur vollkommen verloren haben. Sogenannte Künstliche Intelligenz generiert heutzutage Bilder, wissenschaftliche Arbeiten und plant Urlaubsreisen. Aber sie wird auch eingesetzt bei Themen wie Recycling oder der Optimierung von ressourcenschonenden Prozessen. Siehst du diese Entwicklung als Segen oder Fluch?
Ich glaube, das wird sich in Zukunft immer weiterentwickeln und viele Konsequenzen mit sich bringen. Aber es ist auch ein neues Feld, das sich uns eröffnet, und es liegt an uns, ob wir daraus etwas Positives oder eher Destruktives ziehen.
Inwiefern kann Kunst als Medium dienen, um wieder mehr Empathie und Resonanz in die Gesellschaft zu bringen?
Vieles ist momentan sehr destruktiv, nicht nur menschliche, sondern auch ökologische Katastrophen. Wir können solche Probleme über die Kunst signalisieren, aber ich weiß nicht, ob die Menschen wirklich rezeptiv genug sind. Ich sehe da momentan eher negative Entwicklungen. Es gibt zwar Gegenbewegungen, Proteste und sehr radikale Reaktionen, aber was zum Beispiel den ökologischen Aspekt im Krieg angeht, diese riesige ökologische Katastrophe, die auf uns zukommt, darüber wird kaum gesprochen. Das betrifft nicht nur die Ukraine, sondern auch Afrika und Jemen, all diese Länder, die sich in Kriegssituationen befinden. In dieser Dimension betrachtet bleibt der Einfluss der Kunstwelt »mini-mini-minimalissimo«.
Es hilft sicherlich, diese Themen für eine größere Öffentlichkeit sichtbar zu machen.
Natürlich, aber man muss sich auch darüber bewusst sein, dass durch die Kunst allein leider keine großen Veränderungen hervorgerufen werden.
Kunst findet zunehmend im Kollektiv statt, und auch du arbeitest häufig mit Künstler*innen verschiedener Genres zusammen. Wie beeinflusst dich dieser Austausch privat und auf künstlerischer Ebene?
Der Austausch mit Menschen ist immer wieder eine Bereicherung. Ich sammle dadurch neue Erfahrungen und lerne andere Perspektiven kennen. Durch den Dialog kann man gemeinsam neue Ideen entwickeln. In Zusammenarbeit mit Tänzer*innen zum Beispiel finde ich interessant, wie diese den Sound rezipieren und damit umgehen. Ganz anders als wir Musiker*innen.
Was erhoffst du dir von den Besucher*innen, nachdem sie deine Installation besucht haben?
Ich stelle mich ungern an die Stelle des Publikums. Jeder Mensch ist individuell. Ich finde es interessant zu beobachten, wie die Menschen auf Klanginstallationen oder andere Ausstellungssituationen reagieren. Manche bleiben minutenlang stehen, hören und betrachten minutiös, und andere gehen einfach vorbei. Ich beobachte also lieber, wie die anderen beobachten.
Tickets für die beiden Aufführungen von »The Frequency of Flowers« am 16. und 17. September in der KNM's Garage 51 sind unter der Emailadresse ticket@kammerensemble.de erhältlich.