Das nächste Instrument ist die Lekolilo. Dabei handelt es sich buchstäblich um ein Rohr aus PVC. Es ist in einem bestimmten Winkel und in einer bestimmten Länge geschnitten. Man spielt es, indem man hineinbläst wie bei einem Rohrblattinstrument und den Boden öffnet und schließt, um mehr Frequenzen zu erzeugen. Jedes Rohr erzeugt etwa vier bis sieben Töne, wobei die Obertöne natürlich umfassender sind. Der Tonumfang ist von der Größe abhängig. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mit ihnen zu spielen. Ich habe festgestellt, dass sich Ensembles mit drei oder vier Personen bilden lassen. Und als wir erst einmal herausgefunden hatten, wie man die Instrumente spielt, fand ich die Synergie sehr schön. Es ist eine wirklich schöne Balance von Luft, Tonhöhe und Stimme.
Beim letzten Instrument handelt es sich um meine erste Liebe, die Mbira. Ich stamme von den Monomotapa-Hügeln, auch bekannt als Great Zimbabwe. Das sind meine Vorfahren. Mit der Mbira-Musik bete ich buchstäblich zu meinen Ahnen. Die Mbira ist auch als Kalimba, Daumenklavier und unter vielen anderen Namen bekannt. Sie hat eine ganz eigene Energie, die ich sehr schätze.
Aber genug davon. Ich werde all diese kleinen Babys zum Konzert in Berlin mitbringen!
Du bewegst dich heute selbstverständlich zwischen verschiedenen Rollen – als Heilerin, Musikerin, Forscherin, Komponistin. Wie war es für dich, deinen Platz zu finden?
Es war wirklich toll, in einem Land aufzuwachsen und zu leben, in dem es viele spirituelle Menschen gibt. Wenn du hier irgendwo in der Natur wandern gehst, in einem Park oder sonst wo, wirst du mindestens einen Sangoma sehen. Aktuell versuchen wir, die Geschichte neu zu gestalten. Bevor es in Südafrika illegal war, traditionelle Heilungen durchzuführen, gab es eine Person pro Haushalt, die dafür verantwortlich war, die Kanäle zu den zu pflegen. Jetzt bringen wir diese Energie zurück und übersetzen sie auch in künstlerischen Räumen. In den meisten Fällen ist der oder die Heiler*in auch der oder die Künstler*in der Familie. Wenn du in deiner inneren Welt bist, ist die Kunst das, was dir effizienter Zugang zu den Tiefen ermöglichen kann, auch im physischen Sinne. Künstler*innen sind für den spirituellen Körper zuständig, während Nyanga – die medizinischen Heiler*innen – für den physischen Körper verantwortlich sind. Sangoma bedeutet wörtlich Ngoma – und Ngoma bedeutet Musik.
Ich habe Angst davor, wie es wird, wenn ich in den Globalen Norden ziehe. Ich möchte nicht zur fetischisierten, exotischen, spirituellen Person verkommen. Denn ich denke, dass ich spirituelles Wissen mit der gleichen Komplexität, Intelligenz und Weisheit besitze wie die akademischeren Formen des Wissens. In meiner Vorstellung ist es passend, Doktorand*in an der Duke University zu sein und ein*e Sangoma aus Venda und Monomotapa, sowie außerdem eine sehr wilde Person der modernen Welt, polyamourös und queer. Ich stelle mir eine Welt vor, in der ich all diese Dinge sein kann.
Hast du schon ein konkretes Thema für deine Forschung in den USA?
Ich möchte die Archivarbeit, die ich bereits leiste, akademisch untermauern. Ich will eine Art Lexikon und Material für den pädagogischen Gebrauch entwickeln, mit Schwerpunkt auf afrikanischen Harmonien, Rhythmen und Kompositionstechniken. Ich untersuche auch, was es bedeuten kann, die gefährdeten Elemente indigener Musik zu nutzen und mit Künstlicher Intelligenz zu arbeiten, indem ich mit Maschinen komponiere, um verloren gegangenes Wissen zurückzubringen. Wenn wir also all diese indigenen Sprachen in unsere Codes einspeisen, wie würde das aussehen, was diese wiederum hervorbringen? Würde es etwas nachahmen, etwas Neues hervorbringen? Würde es das wiederbeleben, was verloren gegangen ist? Die eher experimentellen Elemente meiner Dissertation drehen sich um diese Fragen.
Kannst du etwas über dein Stück beziehungsweise deinen Input für das Konzert am 30. August sagen?
Ich werde »unkonventionelle« kompositorische Ansätze einbringen. Ich sage »unkonventionell« in Anführungszeichen, weil es in meiner Heimat sehr konventionell ist, aber es ist auch marginalisiert. Ich möchte der Idee nachgehen, dass der oder die Komponist*in einfach die Energie ist, die sich in einem Kollektiv von Menschen aufbaut, und nicht in einem einzelnen Kopf. Wir alle komponieren im Kollektiv. Ich werde meine Bewegungen um heilende Momente herum aufbauen, um Trauer und um ihre Schönheit, um das Unbehagen und die Freude. Ich lasse Raum für Interaktion in Form von interaktiven, spielerischen, experimentellen Reaktionen. Ich bin sehr dankbar für diesen Raum und diese Gelegenheit. Und ich hoffe auf eine Zukunft, in der sich Menschen mit dieser Gabe überall als Teil dieser Welt bewegen können und sich nicht mehr so entfremdet fühlen müssen. Wir sind doch eigentlich hier, um zu dienen und zu heilen.