Opposite Editorial: Edna Martinez

field notes #37

23. April 2024 | Edna Martinez

Ein Portrait von Edna Martinez
©Mateo González Lepesqueur

Liebe Leser*innen,

ich schreibe diese Zeilen vor dem Horizont der kolumbianischen Karibik. Während einer kurzen Atempause reflektiere ich die kulturellen Herausforderungen, denen wir in Berlin gegenüberstehen. Aus ferner und kontrastreicher Perspektive denke ich über die Rolle der Szene und der zeitgenössischen Musik nach. Welche Aspekte sind innerhalb dieser Diskussion wichtig?

Ein Blick in den Kalender zeigt eine Offenheit für unterschiedlichste Formate und Diskurse. Dennoch ist klar, dass es in Sachen Vielfalt und Inklusion in der Freien Szene noch viel zu tun gibt. Es ist unerlässlich, Stimmen und künstlerischen Ausdrucksformen, die in der Vergangenheit marginalisiert wurden, Raum und Beachtung zu geben und ein umfassenderes Verständnis dessen zu fördern, was heutzutage »experimentelle« Musik ausmacht. Wir können unser Verständnis erweitern, indem wir über konventionelle Definitionen hinausgehen und die vielfältigen Traditionen und nicht-westlichen Wissensformen, die die Berliner Szene bereichern, anerkennen und würdigen. Darüber hinaus sind wir mit der Frage konfrontiert, ob ein künstlerisches Unterfangen nur dann wirklich als experimentell und zeitgenössisch gelten kann, wenn es in einem sinnhaften Zusammenhang mit dem spezifischen historischen Moment der jeweiligen Gesellschaft und Kultur steht.

Ich freue mich auf Sonic Borderlines im KM28, ein Forschungsprojekt, das untersucht, wie Musiker*innen trotz handwerklicher und stilistischer Unterschiede ihrer jeweiligen Musiktraditionen eine gemeinsame Basis finden und Verbindungen herstellen können (18.05.+ 15.06.). Ich bin gespannt auf »Sentimental Punk« im Kotti-Shop. Seit mehr als 70 Ausgaben rüttelt das Kurationsteam ein Mal im Monat die lokale Szene auf, indem es Künstler*innen einlädt, Avantgarde-Filme live zu vertonen. Und auf das Duo Vinyl-terror & -horror, das mit »[mysterious music playing]« eine Mischung aus Kino, Klangperformance und kinetischen Skulpturen im Theater im Delphi präsentiert (04.+05.+06.07.).

Zuletzt freue ich mich, ins HKW einzuladen, wo wir am 27. Juni eine Klangintervention mit dem Schriftsteller und Musiker Kalaf Epalanga veranstalten, sowie auf das Sonic Pluriverse Festival. Inspiriert von den Klangwelten der Heilpraktiken der Afro-Diaspora verspricht Sonic Pluriverse eine transformative Erfahrung im Einklang mit den Rhythmen kultureller Dialoge zu werden.

- Edna Martinez

Edna Martinez ist DJ und Musikkuratorin im Haus der Kulturen der Welt in Berlin. Sie ist eine der treibenden Kräfte hinter Projekten wie »El Volcán«, einer deutschlandweit einzigartigen Veranstaltungsreihe rund um die kolumbianisch-karibische Picó-Sound-System-Kultur, und »LatinArab«, einem Format, das der arabischen Migration in den Amerikas und ihrer Diaspora nachspürt.

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Bericht | Berliner Positionen zum Kulturkampf von rechts

Wir haben uns unter Akteur*innen der Berliner Szene umgehört: Betrifft sie der Kulturkampf von rechts? Gehen sie künstlerisch darauf ein? Wie relevant ist gesellschaftspolitisches Engagement in diesem Zusammenhang oder ganz grundsätzlich?

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An den Schnittstellen von Musik, Klangkunst und visuellen Künsten.

Destruction Loops, Bild einer Installation in einem Galerierau,

Interview | Roundtable über den Kulturkampf von rechts

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