Im diesem Audiosalon unternehmen Lena Mahler und Christina Ertl-Shirley den Versuch, die audiovisuellen Recherchen, und die erträumte Rauminstallation "Totes Holz" die sie aufgrund Corona-Pandemie nicht so wie geplant umsetzen konnten, akustisch erfahrbar zu machen. Mit den Premieren der neuen Kompositionen zum "Toten Holz" von Andrea Ermke und Anaïs Tuerlinckx.
"Totes Holz" lebt. Klingt. Erinnert. Behaust. Die Künstlerinnen gehen den verborgenen und offenbaren Beschaffenheiten von Totholz auf die Spur. Zeichnen nach und auf. Greifen ein. Die Untersuchungen werden zu Partituren, zu audiovisuellen Skulptur, Soundportraits. Der künstlerische Austausch wird seit Januar 2021 fortlaufend in einem Blog dokumentiert. Die audiovisuelle Ausstellung ist online abrufbar.
www.totesholz.art
Zu den Künstlerinnen:
Anaïs Tuerlinckx:
Anaïs Tuerlinckx ist eine Pianistin, Komponistin und Klangkünstlerin aus Brüssel. Sie zog 2008 nach Berlin und interessierte sich für die lokale improvisierte Musikszene. Sie neigt zu einer eher körperlichen und ausladenden Spielweise. Ihre Performances sind geprägt von einem ausgesprochen rauen und lauten, aber gleichzeitig elegischen, luftigen und weitläufigen Klang. Sie engagiert sich gerne im öffentlichen Raum, indem sie Inside-Piano-Aktivismus außerhalb des Konzertraums vorschlägt und unterrichtet Improvisation auch im Rahmen der Musikpädagogik.
https://www.anaistuerlinckx.com/
Über ihr Stück „Souvenirs éphémères pour bois trouvés le long de cordes flottants“ (UA):
„Leichte (Treib-)Holz Stäben liegen auf dem Resonanzboden eines Instrumentes.
Das Stück fundiert auf einem Wechselspiel zwischen bewussten Aktionen und Momenten des Treibenlassens und Beobachtens. Durch mechanische oder akustische Vibrationen, Bewegungen, werden die Holzstücke minimal verschoben was die ganze Balance verändert. Der Klang wird dadurch minimal variiert.
Das Instrument, eine schlichte Holzkiste auf der Klaviersaiten liegen, dient als Biotop, Mikrokosmos für die akustische Phänomene die auf das Material (Tot-/Treib-)Holz fokussieren.“
Andrea Ermke:
“Die seit etwa 1995 in der Berliner Szene aktive Autodidaktin operiert mit Sampler und MiniDisc an- tipodisch zu den Diskreten, obwohl sie mit Burkhard Beins (Perlonex, Phosphor) & Chris Abrahams (The Necks) in Tree zusammen spielt. Ihre Bandbreite umfasst locker Kollaborationen von Buck, Butcher und Denley bis Krebs, Schick und Soybelman. Pike kommt rüber als oft harsches Konglomerat aus überdröhntem Alltagsnoise, ziemlich derb collagiert zu einem Low-Fi-Dreamscape. Ermkes Cut & Paste ist mit Begriffen wie surreal, absurd oder abstrakt nicht beizukommen. Keuchender Atem versetzt einen in die erregte Ich-Perspektive einer Gehetzten, einer Gestressten. Das Telefon nervt, eine Rotationspresse stampft, verzerrte Presslufthämmer scheppern und Schrott Percussion mahlt eine Zerebralsoße mit der Hirnschale als Mör- ser. Es knackt und pratzelt, dröhnt und platscht. Berlin als harsche Großbaustelle, das Bewusstsein als industriale Besatzungszone und Rangierbahnhof. Metalloide Fragilper- cussion, gedengelte Flaschen wirken dann wie Restposten von Art Brut. Extreme Frequenzen testen die Tinnitustole- ranz. Wassertropfen kleckern von der Betonhöhlendecke der Großstadttroglodyten. Die eingestürzten Neubauten wurden im rückwärtsgespulten Zeitraffer längst wieder hin- geklotzt, umwuchert von Museen, in denen die Moderne unter Denkmalschutz vor sich hin aast." Rigobert Dittmann - Bad Alchemy Nr. 46
Lena Mahler
Meine Auseinandersetzung fußt auf drei Säulen: der Introspektion, dem Text und der Welt. Den indifferenten Interferenzen im sozialen Zwischenraum dient der Klang als zentrales Medium. Ich lese den Klang als ein „Zur Sprache bringen“ des Innersten. Er erfasst die Textur, spiegelt die materielle Welt, und kann sie mitunter brechen. Ich finde, oder erzeuge diese Brüche. Damit kann Sprachlosigkeit erfahrbar werden. Und vielleicht mancherorts überwunden. Hier nun fällt mein Blick auf das tote Holz. Anhand fotografischer, filmischer und akustischer Dokumentation verarbeite ich Field Recordings ganz unterschiedlicher Art in Collagen, Installationen und im Radio.
https://off-the-shore.tumblr.com
Christina Ertl-Shirley
Christina Ertl-Shirley kreiert audio*visuelle Erzählungen in Form von Klanginstallationen, Hörspielen, Zeichnungen, Radiofeatures, Kompositionen und Soundskulpturen. Sie sieht ihre Arbeiten als transmediale Forschungen, bei denen das Thema den Werkstoff bestimmt. Dabei beschäftigt sie sich besonders mit der Verschränkung von Natur und Kunst und taucht dazu in Mikrokosmen ein, wie zum Beispiel in die Flora und Fauna der Lieberoser Wüste in Brandenburg, in die Welt des Tieres „Papiernautilus“ oder in die Umgebung von Bärentierchen in Moosen. Ausgangspunkt für ihre Arbeiten ist das Bereisen dieser Nischen durch wissenschaftliches, historisches und subjektives Material. Sie schöpft aus den suggestiven Möglichkeiten dieser Elemente und kommentiert sie durch eigene akustische, visuelle und haptische Untersuchungen und realisiert daraus künstlerische Narrationen.
https://c-e-s-c-e-s.tumblr.com
Anaïs Tuerlinckx - solo
Anaïs Tuerlinckx, neues Instrument
Das Instrument, eine schlichte Holzkiste auf der Klaviersaiten liegen, dient als Biotop, Mikrokosmos für die akustische Phänomene die auf das Material (Tot-/Treib-)Holz fokussieren.
Andrea Ermke - solo
Andrea Ermke
Sogennantes Totes Holz atmet, dehnt sich aus und zieht sich wieder zusammen. Die Geräusche, die dabei entstehen, können zu einer Art gänsehäutigen Schreckstarre führen.
Radiolarie
Lena Mahler, Konzeption, Komposition, Ausstellungsstücke
Christina Ertl-Shirley, Konzeption, Komposition, Ausstellungsstücke
"Totes Holz" lebt. Klingt. Erinnert. Behaust. Die Künstlerinnen gehen den verborgenen und offenbaren Beschaffenheiten von Totholz auf die Spur. Zeichnen nach und auf. Greifen ein. www.totesholz.art