Neugierig auf das, was am ersten Abend des Festivalwochenendes geschehen würde, finden sich die ersten Besucher*innen am 6 September im Petersburger Art Space in Moabit ein – einem Veranstaltungsraum, der von Künstler*innen geführt wird. Der Weg in den kleinen Konzertraum führt an einem Tresen vorbei, wo Einlass und Ticketkauf vonstatten gehen. Mit einer grün gepinselten Kartoffel, in die ein Kleeblatt geschnitzt wurde, wird der Stempel am Handgelenk gesetzt.
Die liebevolle Gestaltung wie in der Begrüßung wird sich durch den gesamten Abend ziehen: Drinnen angekommen empfängt neben Sekt, Wein und Bier auch ein Büffet die ersten Gäste. Die Menschen verteilen sich in dem kleinen Raum. Sie sitzen an den geöffneten Fenstern, auf breiten Sofas oder einfach auf dem Boden. Alles verströmt ein vertrautes, wohnzimmerartiges Ambiente, das sich schnell unter den Gästen verbreitet.
Dann tritt Kurator und Veranstalter Joey Gavin vor das Mikrofon, um das Findrinny Festival zu eröffnen. Es ist die irische Sängerin Sonny Casey, die den Auftakt macht. Während es draußen bereits dämmert, beginnt sie ganz behutsam, auf ihrer Gitarre zu spielen. Casey singt über Liebe, Träume, Wut und Sehnsucht – Themen, die sich mit ihrer weichen Stimme in berührenden Gesang verwandeln. Zwischen den einzelnen Songs, die Titel wie »Belly«, »Tiny Talk« oder »A Thousand Setting Suns« tragen, erzählt sie kleine Geschichten aus ihrem Leben. Es sind diese Geschichten, die Sonny zum Schreiben ihrer Texte inspiriert haben und sie dadurch umso nahbarer wirken lassen.
Auf Sonny Casey folgt Growler – eine 82-jährige Künstlerin aus Dublin. In ihrem Sprechgesang erzählt Dee MulrooneysAlter Ego, das von langen schweren Gewändern und Tüchern umhüllt ist, vom Schmerz und den psychischen und physischen Wunden von Frauen. Growlers tiefe rauchige Stimme braucht kein Gesicht, denn ihre leicht gebückte Haltung, die Bewegung ihres Körpers und ihr brausender Ausdruck genügen, um den Raum zu füllen. Sie entlädt Schmerzen und Wut und verpackt sie in Poesie, wobei das Gewicht und die Signifikanz ihrer Texte auf diesem Weg nicht verloren gehen.