Die Existenz der Freien Musikszene steht auf dem Spiel
Noch ist nicht entschieden, wie hart die Sparvorhaben die Freie Musikszene in ihrer Existenz treffen werden. Fest steht aber, dass die Szene aufgrund ihrer ohnehin prekären Arbeitsbedingungen besonders vulnerabel ist.
Daher ist es essenziell, dass die Fördertöpfe für Projekte und Festivals der Freien Szene, Arbeitsstipendien und die strukturelle Förderung unangetastet bleiben. Diese Förderinstrumente stellen die Grundlage für die kreative Vielfalt und das Überleben der Freien Szene dar. Sie sichern nicht nur die Umsetzung künstlerischer Projekte, sondern bilden die Existenzgrundlage zahlreicher Künstler*innen, die schon heute unter prekären Bedingungen arbeiten und die ohne diese Grundlage gezwungen sind, ihre Arbeit aufzugeben.
Die Etablierung von Honoraruntergrenzen war ein wichtiger Schritt, hier gegenzusteuern. Die geplanten Kürzungen verhindern die dringend notwendigen Aufwüchse, um die Fördertöpfe endlich dem eigentlichen Bedarf anzupassen.
Hinzu kommt, dass Einsparungen bei großen Institutionen wie Konzert- und Opernhäusern auch direkte Auswirkungen auf die Freie Szene haben, da ein reduziertes Programm mit weniger Engagements für freie Musiker*innen einhergeht.
Kulturraum Berlin
Alarmierend sind die geplanten Kürzungen bei der Kulturraum Berlin gGmbH, die de facto eine Streichung des Programms bedeuten würden. Dieses Netzwerk stellt der Freien Szene dringend benötigte Proberäume zur Verfügung – eine knappe Ressource in einer Stadt, in der bezahlbare Räume für Künstler*innen kaum noch existieren. In einer Zeit, in der kulturelle Freiräume ohnehin rar sind, wirken solche Einschnitte wie eine kurzsichtige und irrationale Entscheidung.
Freie Kunst und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Die Freien Künste, einschließlich der Bereiche zeitgenössische Musik, Alte Musik, Musiktheater und Jazz, sind nicht nur ein unverzichtbarer Teil unserer kulturellen Landschaft, sondern auch ein bedeutender Beitrag zu einer aufgeklärten, stabilen und pluralistischen Gesellschaft.
Die Räume, die von diesen Kunstformen geschaffen werden, sind Orte des Experimentierens und der offenen Auseinandersetzung. Sie ermöglichen die Entwicklung neuer Ideen und Dialoge, die weit über traditionelle kulturelle Angebote hinausgehen. Freie Musikkultur ermöglicht es, verschiedene ästhetische und gesellschaftliche Perspektiven zu vereinen, und fördert den Austausch zwischen unterschiedlichen sozialen, kulturellen und politischen Gruppen. Darüber hinaus hat die Freie Musikszene eine besondere Bedeutung für marginalisierte Communities. Durch ihre zugängliche, innovative und experimentelle Arbeitsweise werden Räume geschaffen, in denen sich Menschen, die sich von etablierten Kultureinrichtungen nicht angesprochen fühlen, wiederfinden können.
Die Freien Musikszenen in Berlin sind damit nicht nur ein ästhetisch anspruchsvolles Angebot, sondern auch aktiver Bestandteil einer demokratischen, lebendigen und integrativen Stadtgesellschaft. Die Förderung dieser Kunstformen ist also nicht bloß eine Frage der Kulturpolitik, sondern auch eine notwendige Investition in den sozialen und kulturellen Zusammenhalt der Gesellschaft. Eine Kürzung der Fördermittel würde den Verlust von wertvollen künstlerischen Initiativen und die vielfältige, kreative und inklusive Struktur Berlins gefährden.
Ein Rückschritt für eine offene Kulturlandschaft
Es ist absolut unverständlich und zutiefst besorgniserregend, dass ausgerechnet Projekte, die Inklusion und Diversität fördern, von den Kürzungen am härtesten getroffen werden – in einigen Fällen mit Einschnitten von bis zu 100 Prozent. So soll der Diversitätsfonds vollständig gestrichen und die Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung abgeschafft werden, was auch die Zukunft des Projektbüros Diversity Arts Culture massiv gefährdet. Dieses Büro hat bislang eine zentrale Rolle bei der Diversitätsentwicklung in der Berliner Kulturlandschaft gespielt. Auch die Diversitätsoffensive, ein wegweisendes Förderprogramm für Anti-Diskriminierung und Diversitätsentwicklung in landesgeförderten Kultureinrichtungen, fiel dem Rotstift zum Opfer. Diese Entscheidungen gefährden nicht nur die Fortschritte der vergangenen Jahre, sondern auch die strukturelle Grundlage für eine offene, vielfältige und diskriminierungsfreie Kulturlandschaft.
Aufruf
Wir appellieren wir deshalb an die Verantwortlichen in Bund und Ländern, sich der verheerenden Folgen der geplanten Einschnitte bewusst zu werden und die Kürzungen in der Freien Szene, ihren Förder- und Arbeitsstrukturen zurückzunehmen.