An der Komposition für zwei Orgeln interessiert uns die spezifisch doppelchörige Situation und die hiermit einhergehende spezifisch räumliche Entfaltung von Tönen, ihre komplexen Bewegungen und Ausbreitungen.
Die Orgel kann mit Leichtigkeit den längsten Atem haben und einen schier unendlichen Ton erschaffen.
In den vielfältigsten Klangfarben ist ihr Ton wandel- und registrierbar.
Das durch den sich bewegenden Blasebalg lebendig gewordene Organ wird in seiner mechanistisch, technischen und auch abstrakt entfernten, über Züge und Pneuma gesteuerten Tonerzeugung als Klang erschütternd konkret. Ganz tritt der Apparat des größten Musikinstruments in seinem Ton zurück. Nackt und schneidend-wirklich bewegt sein Ton sich im Raum.
In der Komposition von Stefan Lienenkämper, Vom unendlichen Atem wird die räumliche Situation der zwei Instrumente und die diffuse Ausbreitung der Klänge um 4 Klangorte erweitert. Über Lautsprecher wird bereits verklungenes zurück geholt, unhörbares hörbar gemacht und neben Geräuschen aus dem Inneren der Orgel, auch Aufnahmen von unterschiedlichen Orten zugespielt, die in der klanglichen Innerlichkeit des Konzertraums für Momente auch ein Außen erfahrbar machen.
Es entfalten sich zwei atmende Organismen wie Lebewesen, die seelische Zustände spiegeln; ein Raum des Übergangs zwischen Konfrontation und Eintauchen, Ertönenwollen und Behaupten, Begegnung und Fremde entsteht; das Gegenüber verhüllt die Nacktheit des anderen, betont und gliedert zugleich, erschafft Kontext und Konnotationen, stellt Bezüge her, kommentiert und zu alle dem und vor allem – es schafft ein Wir.
Lothar Knappe, Orgel
Liana Narubina, Orgelpositiv
Kompositionen für 2 Orgeln und Zuspiel