Call for Statements: Freie Szene – Freier Fall?
Liebe Zeitgenoss*innen,
welche Strukturen und soziale Absicherungsmechanismen braucht es, um die Vielfalt der Kulturlandschaft zu sichern? Da wir davon ausgehen, dass Kultureinrichtungen bis auf Weiteres geschlossen bleiben, möchten wir das nächste field notes Magazin dazu nutzen, neue Perspektiven für die Freie Szene zu suchen. In der Ausgabe der field notes fragen wir uns, wie ein sogenannter New Deal für die Berliner Freie Szene aussehen könnte.
Da uns die Perspektive der Akteur*innen der Szene dabei besonders wichtig ist, würden wir uns freuen, wenn Sie ein kurzes Statement mit Lösungsansätzen zu strukturellen Verbesserungen der Szene an redaktion [at] field-notes.berlin schicken könnten. Je spezifischer der Ansatz, desto besser. Daher haben wir einen Fragenkatalog vorbereitet, auf den Sie sich gern beziehen können, aber nicht müssen. Wir werden die Statements auszugsweise im field notes Printmagazin veröffentlichen, in voller Gänze online abbilden und über die kommenden Wochen über unsere Kanäle streuen, um eine transparente und hoffentlich auch über die Grenzen der Szene hinaus nachhaltige Diskussion anzustoßen. Alle bis 20. Januar eingegangenen Beiträge werden für eine Veröffentlichung im Heft in Erwägung gezogen, alle nachfolgenden Beiträge werden online publiziert.
Dieser Aufruf sowie der Fragebogen werden auch in englischer Sprache auf www.field-notes.berlin gespiegelt.
STATUS QUO / SCHIEFLAGEN
- Welche bereits zuvor bestehenden sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Missstände wurden durch die Pandemie für euch besonders deutlich?
- Welche Auswirkungen des Geschehens des vergangenen Jahres sind eurer Auffassung nach für Kunst und Kultur besonders schwerwiegend?
- Wie erging es euch im vergangenen Jahr? Was war besonders belastend, was ist positiv in Erinnerung geblieben?
STRUKTUREN UND SOZIALE ABSICHERUNGSMECHANISMEN
- Sowieso schon prekär arbeitende Soloselbstständige und Freischaffende waren von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie besonders betroffen. Wo besteht am meisten Handlungsbedarf, um die Vielfalt der Kulturlandschaft zu sichern?
- Kein Kurzarbeitergeld und keine Zuschüsse – für viele Kulturschaffende bedeutete die Pandemie der direkte Verweis auf Grundsicherung bzw. Hartz IV. Wie könnten (insbesondere in Zeiten von Krisen und temporären Einnahmeausfällen) alternative Modelle einer Grundfinanzierung aussehen?
- Wie könnten verbesserte Beschäftigungsverhältnisse aussehen?
- Welche Maßnahmen müssen umgesetzt werden, um Künstler*innen gegen drohende Altersarmut abzusichern?
FÖRDERUNG
- Projektitis beschreibt den Effekt, dass sich Gruppen und Künstler*innen der Freien Szene ohne Aussicht auf Planungssicherheit fortwährend von Projekt zu Projekt hangeln. Wie könnten nachhaltige Fördermöglichkeiten aussehen?
- Ist das System der Berliner Projektförderung für Akteur*innen der Freien Szene zugänglich genug?
SPIELORTE
- Bezahlbare Produktions- und Präsentationsräume sind als zentrale Ankerstrukturen Grundlage für eine funktionierende Infrastruktur. Was muss in Berlin geschehen, um die bestehenden Orte zu sichern? Wie können neue Orte für die Kultur akquiriert werden?
DIGITALISIERUNG
- Welche digitalen Bedingungen müssen geschaffen werden, um die Freie Szene digital anschlussfähig bzw. zukunftsfähig zu machen?
SELBSTVERANTWORTUNG
- Mangelnde Diversität, mangeldes Publikum und überkommende Formate – wo ist die zeitgenössische Musik selbst in der Verantwortung, sich zukunftstauglich zu machen?
WIEDERERÖFFNUNG
- Die Arbeit von Ensembles und Gruppen wurde durch Kontaktbeschränkungen zusätzlich erschwert, zum Teil sogar verunmöglicht. Mit welchen besonderen Anforderungen seht ihr euch bei einem potenziellen Neustart konfrontiert?
- Mit dem Konjunkturprogramm NEUSTART KULTUR wurde zusätzlich zu den ländereigenen Hilfen auf Bundesebene ein Rettungspaket ausgeschrieben, das insbesondere Kultureinrichtungen und kultureller Infrastruktur dienen soll. Haltet ihr es für eure Bühne realistisch, mit diesen Hilfen einen pandemiegerechten und auch wirtschaftlich tragbaren Neustart hinzubekommen?
- Was ist für den erfolgreichen Neustart von Veranstaltungsreihen und Festival vonnöten?
- Welche potenziellen Probleme könnte ein Neustart über die Frühlings- und Sommermonate mit sich bringen?
- Welche Potenziale könnte ein Neustart bergen? Was kann sich aus der Situation hin zum Besseren wenden bzw. was sollte proaktiv verbessert und verstärkt werden?
- Welche Verantwortung seht ihr für Institutionen wie die euren in den kommenden Monaten?
- Was muss geschehen, damit die Szene wieder floriert? Was könnten oder sollten z.B. Politik oder auch das Publikum sowie die Szene als solche tun, damit es schnell wieder aufwärts geht?
WIRTSCHAFTLICHE PERSPEKTIVEN
- Im vergangenen Jahr wurde bspw. über unfaire Ausschüttungen im Streaming-Bereich, ungerechte Verteilung durch Verwertungsgesellschaften und andere wirtschaftliche Lösungen diskutiert. Wo siehst du am meisten Handlungsbedarf für die Schaffung von wirtschaftlichen Ansätzen?
- Das Publikum scheint oftmals nicht nur in der künstlerischen Konzeption, sondern auch in der finanziellen Planung nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Einnahmen durch Ticketverkäufe machen oftmals nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus. Welche Ansätze kann die Freie Szene dazu befähigen, mit einem breiteren Publikumsstamm ihre gesellschaftliche Relevanz, Reichweite und wirtschaftliche Resilienz zu steigern?
E-Mails an: redaktion [at] field-notes.berlin