Festivalspecial

In diesem Jahr hat das Schwarze Loch Corona die festen Umlaufbahnen der Berliner Festivals gehörig durcheinandergewirbelt. Der November wird normalerweise vom Jazzfest Berlin bestimmt. In diesem Spätherbst aber bekommt der Fixstern am Berliner Festivalhimmel Gesellschaft vom À L’Arme, das mit dieser Verschiebung einem Ausfall erfreulicherweise entgehen konnte. Vervollständigt wird diese neue Konstellation durch das re:Jazz Festival im ZigZag und From Berlin To Beirut im studioboerne45. Das werden fünf intensive und inspirierende Wochen.

Jazzfest Berlin

Die Leiterin des Jazzfest Berlin, Nadin Deventer, konnte in den vergangenen zwei Ausgaben dem Haus der Berliner Festspiele neues Leben einhauchen und hat auf ihre Art den Reset-Button für das altehrwürdige Festival gedrückt. Dank u.a. des Berliner KIM-Kollektivs (nun zum dritten Mal dabei) wurde das Gebäude zur Installation und der Festivalbesuch zu einer vielfältigen Sinneserfahrung: So wurden ganz andere Querverbindungen zwischen den Acts und Themen der Abende hergestellt. In diesem Jahr wird das silent green Hauptspielstätte des Festivals, da das Haus der Berliner Festspiele saniert wird. Das Festivalkonzept findet im neuen Spielort in der unterirdischen Betonhalle und der intimeren Kuppelhalle – statt. Erstmalig in der 57-jährigen Geschichte des Jazzfest Berlin findet ein großer Teil des Programms nicht nur in Berlin, sondern auch im Musikklub Roulette in New York und deutschlandweit in Studios der ARD und des Deutschlandfunk statt. Alle Projekte werden im Radio übertragen und werden gestreamt.

→ silent green Kulturquartier, 05.–08.11.2020

re:Jazz Festival

Von Corona nur in der Anzahl des zugelassenen Publikums betroffen ist re:Jazz im ZigZag Jazz Club. Dieses dreitägige Festival, initiiert und kuratiert von der Sängerin Jacobien Vlasmann, rückt mit jeweils zwei Bands am Abend Bandleaderinnen in den Fokus. Julia Hülsmann beweist einmal mehr im Trio Last Chance To Misbehave und mit ihrem Oktett ihr besonderes Talent für Stimmen zu arrangieren und komponieren. Aktuelle hot tickets wie Cansu Tanrikulu und Mia Knop Jacobson präsentieren ihre Bands Meow und Rosemarine, Vlasmann selbst und die Saxofonistin Angelika Niescier werden bei dieser ersten Edition des Festivals auf der Bühne stehen.

→ Zig Zag Jazz Club, 26.–28.11.2020, 19.30 + 21.30 Uhr

biegungen visit studioboerne45: From Berlin to Beirut

Das ursprünglich als gemeinsames Projekt von Musiker*innen aus Beirut und Berlin und als Jubiläumsausgabe zum 20-jährigen Bestehen des Beiruter Irtijal-Festivals geplante Irtijal-Festival im ausland musste mehr umdisponieren. Aufgrund der aktuellen Reise- und Visabeschränkungen können die libanesischen Musiker*innen nun nicht teilnehmen und Berliner Echtzeit-Musiker*innen gestalten an zwei Abenden ein der experimentellen Musikszene Beiruts gewidmetes Festival. Kuratiert wird es von dem seit 2015 in Berlin lebenden Trompeter Mazen Kerbaj. Präsentiert werden Stücke der überwiegend eng mit der Beiruter Szene verbundenen Berliner Musiker*innen und als Brücke nach Beirut deren Interpretation einer neuen Komposition von Sharif Sehnaoui sowie einzelne per Video gezeigte Beiträge aus dem Libanon nun im Studioboerne45 in Weißensee.

→ studioboerne45, Freitag-Samstag, 04.–05.12.2020, 19 Uhr

À L'ARME

À L’Arme, von Beginn an vor neun Jahren unter der Ägide von Louis Rastig, war mit der fiebrigen Intensität seines vollgepackten Programms mit vielen internationalen Größen und Neuentdeckungen der Avantgarde aus Improv, Experimentellem Jazz und Noise lange eine Art willkommener Gegenpol zum etablierten Jazzfest. Es spielte am anderen Ende der Stadt im radialsystem und garantierte lange Nächte im Sommer. In diesem Jahr wird auch das À L’Arme im silent green stattfinden. Das Programm birgt wieder viele Premieren, eine Mischung aus alten Bekannten des Festivals wie Caspar Brötzmann und vielen vor allem im Ausland gefeierten Berliner Künster*innen. Zudem gibt es mit Shining, Lasse Marhaug und Ventil einen interessanten Fokus auf Norwegen und Österreich.

→ silent green Kulturquartier, 11.–13.12.2020